Rolf Radespiel gewinnt erneut souverän die Rennklasse in Niedersachsen
Die besten Braunschweiger Segelflieger sind trotz des Zeitendilemmas wieder mit Spitzenplatzierungen vorn dabei.
Bedingt durch die massiven Auswirkungen der Corona-Krise auf das Verkehrsaufkommen am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg waren die Betriebszeiten bis Ende Juli erheblich reduziert und daher mussten sämtliche Piloten bereits um 18 Uhr das Fluggelände verlassen haben.
Diese Änderungen und Einschränkungen trafen die ehrgeizigen Braunschweiger Aufwindjäger natürlich hart, weil große und raumgreifende Streckensegelflüge ab 600 Kilometern und mehr in der Regel erst gegen 19:30 Uhr Ortszeit enden und somit keine Chancengleichheit aufgrund der frühen Landezeiten gegen spätestens 17 Uhr mehr gegeben war.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Segelfluggruppe des Aero-Club aufgrund dieser unsäglichen Widrigkeiten Tribut zollen musste und leider den Abstieg aus der 1. Segelflug-Bundesliga nicht vermeiden konnte. Im Jahr 2016 sind die Braunschweiger sogar noch deutscher Vizemeister geworden.
Dennoch konnten sich aber die Löwenstädter in Niedersachsen wie in den Vorjahren mit zahlreichen Spitzenplatzierungen in den Einzeldisziplinen in Szene setzen, weil sie mit einem nicht unerheblichem organisatorischem und auch finanziellem Aufwand bei richtig guten Streckenflugwetterlagen andere Fluggelände in Peine, Stendal, Wilsche bei Gifhorn sowie Tarmstedt zwischen Bremen und Hamburg nutzten und zudem sogar auch vorher am Boden in Augenschein genommene Außenlandefelder zur Beendigung ihrer großen Streckensegelflüge in der unmittelbaren Umgebung von Waggum und auch Hondelage auswählten, wenn der Flughafen bei ihrer Ankunft bereits geschlossen hatte.
Die deutsche Meisterschaft im Streckensegelflug (DMSt) beginnt jeweils immer Anfang März und wird in allen 16 Bundesländern zeitgleich dezentral bis Ende September ausgeflogen.
Natürlich spielt bei dieser Freiluftsportart das Wettergeschehen eine nicht zu beeinflussende Rolle.
Im Gegensatz zum 30 Segelflugvereine bundesweit umfassenden Mannschaftswettbewerb der 1. Bundesliga (750 Segelflugvereine gibt es in Deutschland) haben in der DMSt die Einzelleistungen der Piloten eine wesentlich höhere Gewichtung und Priorität.
Rolf Radespiel von der Akaflieg wurde mit seinen drei weitesten Flügen erneut klarer Sieger in der Landeswertung der Rennklasse. Seit Jahren dominiert der ambitionierte Streckenflugpilot und Hochschullehrer das Geschehen in Niedersachsen in dieser Wertungsklasse.
Volkmar Adam von der Fluggruppe DLR sowie Peter Montag, Rolf Wagner und Moritz Andorff von der Segelfluggruppe des Aero-Club holten sich die niedersächsische Vizemeisterschaft in der 18 Meterklasse sowie in der Mannschaftswertung der Standard- und Rennklasse.
Zudem kam der Aero-Club auch noch in der Vereinsgesamtwertung mit der Summe aller Überlandflüge ebenfalls mit Rang zwei auf das Siegertreppchen.
Von jedem Thermikjäger kommen seine drei größten Flüge in die Wertung. Wenn die dann unmittelbar vor dem Start im Navigationssystem (Logger) eingegebenen und angemeldeten Wendepunkte im Rahmen eines Dreiecksfluges auch korrekt umrundet werden, gibt es im Gegensatz zu den freien Flügen noch wichtige Bonuspunkte dazu.
Die Mannschaftswertung in den unterschiedlichen Klassen wird aus den Streckensegelflügen der jeweils drei besten Piloten eines Vereins gebildet.
Sämtliche aufgezeichnete Flugdaten werden unmittelbar noch am selben Abend auf einem speziellen Segelflugportal online gestellt, so dass anschließend danach die Leistungen und Ergebnisse der Konkurrenz sofort bundesweit eingesehen und zudem detailliert verglichen, analysiert und bewertet werden können.
Die Überlandflugkilometer aller Piloten, unabhängig von der Streckenlänge, werden in der parallel geführten Vereinsgesamtwertung aufaddiert.
Um eine objektive und gerechte Ausgangsposition bei der Bewertung der Streckenflugleistungen zu gewährleisten, fließen die unterschiedlichen Spannweiten sowie die zwangsläufig auch geringeren Flugleistungen der betagteren Segelflugzeuge in festgelegte Handicap-Faktoren mit ein.
Beim Segelflugsport geht die Juniorenwertung immer bis zum vollendeten 25. Lebensjahr.
Den weitesten Überlandflug vom Segelflugzentrum Braunschweig-Waggum absolvierte Peter Montag vom Aero-Club am 13. Juli mit 672 Kilometern. Der erfahrene Fluglehrer und Maschinenbauingenieur umrundete dabei am besten Flugtag dieses Jahres die Bundeshauptstadt Berlin und wendete zunächst in der Uckermark bei Templin. Anschließend flog er einen direkten Südkurs parallel zur polnischen Grenze bis nach Eisenhüttenstadt. Die Landung am Abend erfolgte bei diesem erfolgreichen Überlandflug nach 8 Stunden und 15 Minuten allerdings auf dem Segelfluggelände in Wilsche.
Auch diesem Jahr gab es an den richtig guten Streckenflugtagen in der Lüneburger Heide sowie im südwestlich von Berlin gelegenem brandenburgischem Waldareal Fläming prächtige Thermikautobahnen mit langen nicht enden wollenden Wolkenstraßen, die im Geradeausflug ohne jeglichen Suchkreis nach Aufwinden bis nach Polen abgeflogen werden konnten und somit tatsächlich Durchschnittsgeschwindigkeiten um 130 km/h einbrachten.
Ergebnisse:
Landesvereinsgesamtwertung: 61 Vereine am Start: 2. Aero-Club, 44.978 Kilometer, 15. Akaflieg,18.493 Kilometer, 43. Fluggruppe DLR, 4.442 Kilometer.
Rennklasse (60 Teilnehmer): 1. Rolf Radespiel, Flugzeugtyp ASW 20, 4. Michael Preß, ASW 20, beide Akaflieg.
18 Meterklasse (149 Teilnehmer): 2. Volkmar Adam, Ventus 2cM/18m, Fluggruppe DLR.
Standardklasse (232 Teilnehmer): 4. Rolf Wagner, LS 4 WL, 5. Peter Montag, Discus 2, beide Aero-Club.
Clubklasse (198 Teilnehmer): 6. Ekkehard Beier, DG 100 Club, Akaflieg.
Offene Klasse (52 Teilnehmer): 10. Bernd Meindermann, ASW 22/24m, Akaflieg.
Doppelsitzer (273 Teilnehmer): 8. Yannis Hartung, Duo-Discus, Aero-Club.
Junioren Standardklasse (61 Teilnehmer): 9. Yannis Hartung, Discus 2, Aero-Club.
Alle Flüge eines Piloten (965 Teilnehmer): 7. Rolf Wagner, LS 4 WL, 8.521 Kilometer, Aero-Club.
Mannschaft Standard- und Rennklasse (117 Teams): 2. Aero-Club: Peter Montag, Rolf Wagner, Moritz Andorff, 7. Akaflieg: Rolf Radespiel, Michael Preß, Thiemo Hofmacher.
Mannschaft Offene- und 18 Meterklasse (83 Teams): 8. Aero-Club: Holger Scholz, Karsten Bennewitz, Knud Dombrowsky.
Mannschaft Club- und Doppelsitzerklasse (162 Teams): 8. Aero-Club: Markus Schmied, Hayung Becker, Wiebke Holste, 10. Akaflieg: Ekkehard Beier, Lars Samake, Kristian Korsvold Fettig.