Rolf Radespiel triumphiert erneut in der Rennklasse und Jan Ole Gödecke gewinnt die Doppelsitzerklasse

Braunschweig.  Auch in diesem Jahr konnten die besten Braunschweiger Streckenflugspezialisten ihre guten Resultate und vorderen Platzierungen der vergangenen Jahre in Niedersachsen in den unterschiedlichen Wertungsklassen wiederholen und bestätigen. Die Deutsche Meisterschaft im Streckensegelflug (DMSt) wird in allen 16 Bundesländern zeitgleich von Anfang März bis Ende September dezentral ausgetragen. Bei dieser hochkomplexen und facettenreichen Freiluftsportart spielt natürlich das Wetterglück eine wichtige und nicht zu beeinflussende Rolle.

Zudem gab es in diesem Jahr keine negativen Einschränkungen und Auswirkungen durch die Corona-Krise, die die Braunschweiger in den letzten beiden Jahren erst massiv verspätet in die Saison starten ließ.

Rolf Radespiel von der Akaflieg Braunschweig, bis in die Haarspitzen ambitionierter Streckenflugpilot und Seriensieger der zurückliegenden Jahre in der Rennklasse in Niedersachsen, dominierte auch 2022 mit seinem erneuten Titelgewinn auf einer ASW 20 das Geschehen in dieser Klasse und sein Vereinskollege Jan Ole Gödecke holte in der Doppelsitzerklasse souverän mit einem Duo-Discus XL den Sieg in die Löwenstadt.

Ihre besten Flüge am 2. Juli und 2. Juni umfassten 658 und 615 Kilometer bei Flugzeiten von über  8 Stunden um die gesamte Mecklenburgische Seenplatte sowie großräumig um Leipzig herum. Radespiel konnte sich mit seinen Leistungen in Deutschland in der 541 Teilnehmer umfassenden Konkurrenz zudem auf Platz sieben einreihen.

Auf ihre persönlichen Highlights dieser Saison angesprochen, gaben diese erfolgreichen Erben Lilienthals interessante und zudem auch bemerkenswerte Stellungnahmen ab. „Ich bin richtig dankbar, dass die vereinsübergreifende Zusammenarbeit bei der Startorganisation so gut geklappt hat. Im Gegensatz zu den Wochenenden gibt es in der Woche bei guten Streckenflugwetterlagen ja keine Windenfahrer- und Startleiterpläne und so musste jeder ambitionierte Streckenflugpilot an manchen Tagen auf das eigene Fliegen verzichten, um den anderen Fliegerkollegen in die Luft zu helfen oder um sie nach einer ungeplanten Außenlandung, mitunter weitab von Braunschweig, vom Acker zu holen“, versicherte Rolf Radespiel.

Der 24-jährige Student Jan Ole Gödecke resümierte: „Ich freue mich sehr, dass ich das große Glück hatte, den Leistungsdoppelsitzer Duo-Discus gerade an den herausragenden Streckenflugtagen für meine großen und raumgreifenden Flüge zur Verfügung gestellt zu bekommen!“

So konnte in diesem äußerst thermikträchtigen Jahr immerhin mit drei spektakulären Flügen zudem auch noch die magische Marke von eintausend Streckenflugkilometern, was nur ganz wenigen ambitionierten Segelflugsportlern in Deutschland vorbehalten ist, vom Segelflugzentrum Braunschweig-Waggum aus übertroffen werden.  

Das gelang den Aero-Club-Aufwindjägern Karsten Bennewitz und Joshua Arntz im doppelsitzigen Segelflugzeug Arcus T am 22. Mai sowie erneut Karsten Bennewitz und Heiko Braden im einsitzigen Ventus, die beide am 2. Juli im engen Teamflug erfolgreich unterwegs waren.

„Es ist schon verrückt, ich fliege seit 1991, also jetzt in der 31. Saison, und auf einmal gelingen mir die ersten beiden Flüge über 1000 Kilometer innerhalb von 6 Wochen“, kommentierte Bennewitz seine beiden spektakulären Streckensegelflüge.

Im Gegensatz zum bundesweit 30 Segelflugvereine umfassenden Mannschaftswettbewerb der 1. Bundesliga (750 Segelflugvereine gibt es in Deutschland), in der auch die   Segelfluggruppe des Aero-Clubs erfolgreich unterwegs ist und 2016 die Deutsche Vizemeisterschaft nach Braunschweig holte, haben in der DMSt die Einzelleistungen der Pilotinnen und Piloten eine wesentlich höhere Priorität und Gewichtung.

Von allen an der DMSt teilnehmenden Piloten*innen kommen die drei größten Flüge in die Wertung. Wenn die dann unmittelbar vor dem Start im Satellitensystem (Logger) aufgrund der jeweiligen Wetterprognose eingegebenen Wendepunkte im Rahmen eines Dreiecks- und Vielecksfluges auch korrekt umrundet werden, gibt es im Gegensatz zu den freien Flügen noch wichtige Bonuspunkte dazu. Die aufgezeichneten Flugdaten werden am selben Abend noch auf inzwischen zwei speziellen Segelflugportalen online gestellt, so dass anschließend m Piloten die Leistungen der Konkurrenz sofort auch bundesweit einzusehen sind und zudem detailliert analysiert und verglichen werden können.

Die Überlandflugkilometer aller Segelflugvereine, völlig unabhängig von der Streckenlänge, werden in der parallel geführten Vereinsgesamtwertung aufaddiert. Um eine objektive und gerechte Ausgangsposition bei der Bewertung der Streckenflugleistungen zu gewährleisten, fließen die unterschiedlichen Spannweiten sowie die Flugleistungen der betagteren Segelflugzeuge in festgelegte Handicap-Faktoren mit ein. Beim Segelflugsport geht die Juniorenwertung immer bis zum vollendeten 25. Lebensjahr.

Das südwestlich von Berlin  gelegene brandenburgische Waldareal Fläming präsentierte sich auch in diesem Jahr erneut als wahre Thermikautobahn mit unendlich langen nicht enden wollenden Wolkenstraßen, die im Geradeausflug ohne einen zeitraubenden Thermikkreis bis nach Polen abgeflogen werden konnten und somit unglaubliche Durchschnittsgeschwindigkeiten von 130 km/h und mehr ermöglichten.

An den zahlreichen herausragenden Streckenflugtagen konnten ebenfalls die Lufträume über Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie auch Hessen regelmäßig in Anspruch genommen werden.

Von Waggum wurden in diesem Jahr von 39 Pilot*innen der hier beheimateten 3 Segelflugvereine mit 210 Streckensegelflügen insgesamt 76.400 Kilometer absolviert. Das brachte die Löwenstädter von 59 gemeldeten Segelflugplätzen in Niedersachsen auf Position drei. Da auch die Überlandflüge von Fluglagern und Wettbewerben außerhalb von Braunschweig sowie die Flüge im Ausland, speziell in den südfranzösischen Seealpen, mit addiert werden, kommt der Aero-Club mit 64.754 geflogenen Kilometern im niedersächsischen Vereinsranking auf Rang drei und die Akaflieg positioniert sich mit 22.613 Kilometern auf Platz achtzehn.

Ergebnisse:

Rennklasse (53 Teilnehmer): 1. Rolf Radespiel, Flugzeugtyp ASW 20, Akaflieg, 4. Jörg Meyer, ASW 20 WL, Aero-Club, 7. Michael Press, ASW 20, Akaflieg.

Doppelsitzerklasse (293 Teilnehmer): 1. Jan Ole Gödecke, Duo-Discus XL, Akaflieg, 8. Peter Montag, Arcus T, Aero-Club.

18-Meterklasse (161 Teilnehmer): 5. Volkmar Adam, Ventus 2cM 18m, Fluggruppe DLR.

Clubklasse (250 Teilnehmer): 5. Ekkehard Beier, DG 100 Club, Akaflieg, 8. Ulrich Böhne, Kiwi, Aero-Club.

Frauen (42 Teilnehmer): 7. Wiebke Holste, Discus 2c FES 18m Aero-Club.

Junioren (139 Teilnehmer): 7. Jan Ole Gödecke, Duo Discus XL, Akaflieg.

Mannschaftswertung (242 Teams): 8. Aero-Club: Jörg Meyer, Holger Scholz, Karsten Bennewitz, 10. Akaflieg: Rolf Radespiel, Ekkehard Beier, Jan Ole Gödecke.

Mannschaftswertung Junioren (63 Teams): 7. Akaflieg, Jan Ole Gödecke, Lukas Luksch, Lars Samake.

Klassenübergreifende Gesamtkilometer eines Piloten (839 Teilnehmer): 4. Rolf Wagner, LS 4 WL, Aero-Club, 13.314 Kilometer mit 43 Flügen.

Jan Ole Gödecke, links, und Rolf Radespiel schauen sich auf der Karte noch einmal gemeinsam die Kursführung ihrer erfolgreichen Flüge an.