Unterschied Betrieb im Schlepp

Der Nachteil von Kunststoffseilen gegenüber Stahlseilen ist, dass sich das Kunststoffseil nicht zum „Flexen“ an irgendwelchen Hindernissen eignet. Bei scharfen Kanten etc. gibt beim Kunststoffseil das Seil nach (es reißt) anstatt in den meisten Fällen beim Stahlseil die scharfe Kante (bis zu 3 mm Blech kann man mit Stahlseil schon flexen). Der Windenfahrer muss bei Hindernisberührung aufhören mit dem Seil einziehen und das Seil per Hand frei legen.

Der wesentliche Vorteil beim Kunststoffseil liegt im geringeren Gewicht und in der gesamten Steifigkeit des Seils. Als Windenfahrer merkt man deutlich, dass 100 kg weniger beschleunigt werden müssen. Mit dem Kunststoffseil hatte unsere 200 PS Winde vor allem beim Anschleppen des schweren Duo auf einmal sehr viel mehr „Dampf“. Er kam viel schneller vom Boden weg und erreichte eine größere Ausklinkhöhe. Desweiteren kam eine Veränderung der Schleppgeschwindigkeit viel „direkter“ am Flugzeug an. Die Landauer haben bei 1000 m Schleppstrecke etwa 50 m mehr Ausklinkhöhe durch Auswertung von Loggern ermittelt.

Im Schlepp gibt es kaum Seildurchhang. Somit entfällt für den Windenfahrer bei seiner Beurteilung, ob zu schnell oder zu langsam geschleppt wird, der Seildurchhang als „Messgröße“.

In der Saison 2004 haben etwa 40 Windenfahrer die Umstellung von Stahlseil auf Kunststoffseil erlebt, wobei jeder Windenfahrer bei uns etwa 2 bis 3 mal im Jahr schleppt. Alle Windenfahrer haben die Umstellung leicht vollzogen.

Einen Seilriss im direkten Schleppbetrieb gab es keinen!{mospagebreak}

Leider kamen wir dennoch nicht umhin die ersten Seilenden wieder vereinen zu müssen. Dies ist auf Unachtsamkeit, insbesondere in der ersten Zeit zurückzuführen. So ist das Seil bereits beim ersten Mal Seile ausziehen gerissen. Wir hatten das Seil per Hand in der Werkstatt aufgezogen (natürlich viel zu locker) und als die ersten Schlaufen da waren, versagte die Sprechfunkverbindung zwischen Pitty und Winde….

Das zweite Mal versagte die Verschraubung der Azimutrollen. Sie lockerte sich, so dass die Rolle keine Führung mehr hatte und dem Seil eine eben solche auch nicht mehr sein konnte. Glücklicherweise geschah dies nach dem Ausklinken des Flugzeuges beim Seileinholen.

Zwei Mal riss leider das Vorseil. Aber auch diese Vorfälle sind nicht auf das Material selbst zurück zu führen. Um das Seil zwischen Schirm und Sollbruchstelle haben wir aus Gewichtsgründen auf eine Ummantelung verzichtet. Ohne Ummantelung wurden sehr leicht Knoten „integriert“, auf deren Beseitigung wir bewusst verzichtet hatten. Genau an einer solchen Stelle ist das Vorseil gerissen. Daher werden wir in der nächsten Saison auf das Zwischenseil verzichten und das Vorseil komplett ummanteln.

Bei einem Vorseil ist die Ummantelung gerissen, so dass genau an dieser Stelle das Kunststoffseil geschädigt wurde…

Das Seil wird nicht mehr genagelt, sondern mit einer speziellen Nadel (aus einem Messingröhrchen leicht selbst herstellbar) gespleißt.

Ein Spleiß dauert etwa 5 bis 10 min. (etwa so lange wie sonst das Nageln dauert), ist leicht zu erlernen und stellt auch schon eine dauerhafte Verbindung dar. Es müssen im Winter also nicht mehr die Nagelstellen gesucht und durch Spleiße ersetzt werden.

Ein bißchen aufwändiger ist die Pflege des Kunststoffseiles. Der letzte Schlepp muss ohne Last erfolgen, weil die Kunststoffseil nicht über einen längeren Zeitraum im gespannten Zustand auf der Trommel liegen sollen. Sie recken sich dann mit der Zeit immer mehr und verlieren an Festigkeit.

 

Resümee nach einem Jahr

Vorteile

· leichter zu handhaben

· größere Schlepphöhen

· keine Versprödung der Seile (keine Kaltverformung wie bei Stahlseilen)

Nachteile

· Vorsichtiger Umgang ist erforderlich

· In der Anschaffung teurer als Stahlseil, wobei über die Lebensdauer der Kunststoffseile noch keine Erfahrungen vorliegen.

Unserer Einschätzung nach ist die Umstellung auf Kunststoffseile ähnlich der Umstellung von Ka 6e auf Astir vor 30 Jahren. Damals hat der eine oder andere „Holzwurm“ die GFK-Flugzeuge auch etwas skeptisch beobachtet. So wie sich heute der eine oder andere „verwöhnte“ Flugschüler wundert, dass eine Ka 6 überhaupt fliegen kann.

Wenn die Preise der Kunststoffseile in Zukunft fallen, wird Kunststoff das Stahlseil in etwa 10 bis 15 Jahren ganz ablösen.