Erfahrungen des Aero Club Braunschweig mit Dyneema-Seilen
Technische Maßnahmen zur Umstellung der Winde von Stahlseil auf Kunststoffseil
Unsere 200 PS Dieselwinde ist in Eigenbau vor 30 Jahren entstanden. Seit dem wurden etwa 65.000 Schlepps mit 4,6 mm Stahlseil durchgeführt. Die Winde hat keine Spulvorrichtung und die Seiltrommeln sind aus Stahl mit einem Innendurchmesser von 75 cm für 1100 m Seil.
Zur Umstellung wurden die Kappvorrichtungen (Scherenmesser) geändert., da das Kunststoffseil nicht durch Abscheren geschnitten werden kann. Weil die Schnittluft der Stahlseil-Kappvorrichtungen zu groß ist, wurde das Kunststoffseil nur eingeklemmt, obwohl man es mit einer üblichen Papierschere schneiden kann.
Für das Kunststoffseil muss zum Kappen eine gehärtete Stahlschneide stumpf auf eine weiche Messingplatte schlagen. Dieser Umbau der Kappvorrichtung war die wesentliche Maßnahme der Umstellung.
Zu weitere Arbeiten gehörten die Beseitigung aller scharfen Kanten im Bereich des Seillaufes. Im Gegensatz zum Stahlseil verträgt das Kunststoffseil nicht unter Last über eine scharfe Kante gezogen zu werden. Bei allen Maßnahmen stand uns der Segelflugverein Landau mit Rat zur Seite, die diese Seile jetzt in der 3. Saison benutzen.
Der DuoDiscus startet mit dem Dyneema-Seil
Weitere Umbaumaßnahmen waren an den Vorseilen nötig, die ebenfalls auf Dyneema umgestellt werden mussten. Zum einen kann es bei Vorseilen aus Stahlseil mit schweren Karabinerhaken und Sollbruchstellen vorkommen, dass sich der Schirm nach dem Ausklinken nicht öffnet, weil das „schwerere Ende“ an der falschen Seite des Schirm hängt. Zum anderen muss das Vorseil mindestens die gleiche Bruchlast aufweisen wie das Hauptseil und die ist beim Dyneemaseil einfach höher.
Nach den Erfahrungen, die wir diese Saison gemacht haben, werden wir unsere Vorseile im nächsten Jahr auf 5 m verkürzen. Dies ist laut SBO zulässig, wenn der Seilschirmdurchmesser kleiner als 1,50 m ist. Bei dem geringen Gewicht des Kunststoffseiles reicht diese Schirmgröße vollkommen aus.
Unterschied Betrieb am Boden
Ein Nachteil der leichten Kunststoffseile ist, dass das Seil leichter von Motorsegelern etc. beim Überrollen angesaugt werden kann. Das Seil ist so leicht, dass es nach dem Auslegen auf den Grashalmen liegen bleibt. Wir haben immer dafür gesorgt, dass vor dem Kreuzen der Motorsegler die Strecke frei von Kunststoffseilen war. Ob das Seil wirklich von einem Propeller „angesaugt“ wird, wissen wir nicht. Ausprobieren wollten wir es aber auch nicht.
Plätze mit deutlichen Erhebungen in der Schleppstrecke sind für Kunststoffseile weniger geeignet, weil das Seil beim Anschleppen an der Erhebung scheuert. Wir haben eine minimale Erhebung in unserer Schleppstrecke, die ca. 3 m über die direkte Verbindung Start-Winde hinaus ragt. Einen zusätzlichen Verschleiß konnten wir durch diese Kuppe allerdings nicht feststellen.
Im Gegensatz zu den Landauern konnten wir nicht beobachten, dass bei Crosswind das Seil am Boden vom „Winde verweht“ wurde. Wir haben nach dem Auslegen kein Seil am Boden verzurrt, sondern immer nur den Schirm am nicht schleppenden Seil ausgehängt.
Der Seilrückholwagenfahrer muss genaueste Übersicht über seine Fahrtstrecke haben, da er das Seil nicht in einem Bogen ausfahren darf. Hier passiert es sehr leicht, dass das kurvenäußere Seil sich über das innere legt. Also: immer schön geradeaus fahren, so wie man es gelernt hat.
Ein sehr wesentlicher Vorteil ist die leichte Handhabbarkeit der Kunststoffseile am Boden. Das Kunststoffseil wiegt statt 120 kg nur 16 kg und kann im ausgezogenen Zustand statt von zwei bis drei mittelkräftigen Segelfliegern beim Stahlseil von einem 10 jährigen Kind gezogen werden (Onno hat mir das gestern noch mal am Telefon bestätigt).
Die Verletzungsgefahr bei ausgerissenen Kardeelen entfällt ebenfalls bei Kunststoffseilen.