Gibt es keinen Nachwuchs, vereinsamt das Weibchen in einem solchen Falle oder es sucht sich aktive Aufgaben und Beschäftigung außerhalb des Kreises. Das kann zu großen Problemen und späterer Trennung führen.

Es gibt aber auch Fälle, wo das nichtfliegende Weibchen zur treuen Gefährtin ihres Mannes wird, daß sie seine Leidenschaft zu teilen beginnt und am Rand des Flugfeldes sitzend, ihre Zeit in seiner Nähe verbringt. Sie begleitet ihn auch auf größeren Reisen zu fernen Flug- und Versammlungsplätzen, holt ihn von fernen Äckern oder durchsteht den Nervenkampf einer Meisterschaft, wer der am besten und schönsten fliegende Vogel sei. Möglichkeiten und Gründe sind reichlich vorhanden, nicht auf heimischem Feld sondern anderswo mit fremden aber gleichgesinnten Vögeln zu fliegen. Beweglich und umtriebig, wie die Art nun mal ist, wird keine Gelegenheit ausgelassen.

Dieser, Zugvögeln vergleichbare Zwang, sich weit fortzubewegen, gilt sowohl für den Sommer wie auch für die kalte Winterszeit. Da erst recht. Der Trieb zum Fliegen ist bei manchen sehr stark ausgebildet, daß sie Ozeane überwinden, um Sonne und Thermik zu erreichen. Ein weitaus größerer Anteil bleibt allerdings zu Hause, wovon nur eine bescheiden kleine Gruppe einer jeden Schar als Arbeitsvögel dienen.

Ich möchte auch die Tatsache nicht verschweigen, daß es sehr aktiv fliegende weibliche Vögel gibt. In den seltensten Fällen ergeben sich jedoch Konstellationen, wo beide Partner gleichermaßen aktiv sind. Das schließt sich wohl gegenseitig aus nach dem Motto, einer trage die ganze Last des anderen. Ob in solchen Ehen das Männchen die Aufzucht übernimmt, wenn das Weibchen überhaupt die Zeit hatte zu brüten, konnte ich in meinem Beobachtungsgebiet noch nicht feststellen.

Und dann ist da noch der recht häufige Fall, wo dem Hahn die Flugschwingen gestutzt werden, damit er mehr Zeit mit Gemahlin und Nachwuchs verbringen kann. Dieses muß nicht unter Zwang geschehen, es passiert auch freiwillig.

Gefährdet das Fliegen die Paarbeziehung? Das ist eine schwierige Frage, die ich jetzt und so nicht eindeutig beantworten kann. Im Übermaß getan, wird es sich wohl immer negativ auswirken müssen und das Leben des Paares oder der ganzen Vogelfamilie beeinträchtigen. Viel kann dabei ein sehr relativer Begriff sein. Wenn jedoch das viel fliegende Männchen sein Weibchen aufrichtig liebt und dieses ihn, ohne unterwürfig zu sein und in der übrigen Zeit reichlich Ausgleich geschaffen wird mit den notwendigen Streicheleinheiten und der gegenseitigen Gefiederpflege, verbunden mit Verständnis und gegenseitigem Vertrauen, so können auch solche Verbindungen lange anhalten. Vor Vernachlässigung des weiblichen Partners sei gewarnt, das geht immer schief. Das ist wie vom Hoch ins Tief, geht auch schief!

Diejenige Vogelgruppe verhält sich richtig, die Bedingungen schafft, um Familien und ihrem Nachwuchs einen angenehmen Aufenthalt auf der Flugwiese zu ermöglichen. Die gesamte Gruppe sollte da weniger fliegeregoistisch denken. Der gemeinsame Flug ist nur dann schön, wenn das Nest und sein Inhalt gut versorgt und betreut werden.

Abschließen möchte ich mit der Feststellung, daß eine glückliche und lange Paarverbindung immer Vorrang vor Fliegen um jeden Preis haben sollte. Wer das letztere anstrebt sollte eigentlich nicht heiraten.

Wenn es uns Menschen gelingt, aus dem Verhalten der Großvögel und ihren Problemen die richtigen Schlüsse zu ziehen, so ist mit Sicherheit viel gewonnen. Zu Risiken und Nebenwirkungen des Segelflugs fragen Sie am besten Ihren Eheberater.

Ich bedanke mich bei meinen hoffentlich interessierten Zuhörern und natürlich auch den Lesern.

 

* In Walsrode fanden früher immer die Segelfliegertage des nieders. Landesverbandes statt. Dort befindet sich auch ein sehenswerter Vogelpark