Die Deutsche Meisterschaft der 15m- und Doppelsitzerklasse in Marpingen ist vorüber und viele von euch haben sich bereits erkundigt: „wie war’s denn so?“. Unsere Blog-Marie hat euch schon live vom Geschehen berichtet und hier kommen nun auch noch die Highlights der zwei Wochen aus meiner Sicht.

Los ging es am frühen Samstagmorgen im trüben Braunschweig mit dem Ziel, beide Wochenendtage vor dem Pflichttraining am Montag schon für Trainingsflüge zu nutzen. Das Saarland kannte ich bis dahin nur von Größenvergleichen und vielleicht von der Durchreise in Richtung Frankreich. Groß ist das Saarland nicht (gerade mal etwas mehr als doppelt so groß wie das letzte Elbhochwasser), dafür recht hügelig und gepflastert und umgeben von Lufträumen, in denen Segelflieger normalerweise nichts verloren haben. Angekommen um 14:30 Uhr, waren Lutz und ich nach der Dokumentenkontrolle und dem Kauf von 10 F-Schleppmarken (wir hielten das für recht optimistisch) bereits um 15:30 Uhr in der Luft. Ein 3m-Bart direkt nach dem Ausklinken und eine prächtige Wolkenstraße luden uns ein zu einem Ausflug Richtung Nordosten bis an den Rand des Luftraums C von Frankfurt. Nach einem kurzen SW-Schlenker zurück gegen den Wind ging es anschließend auf Ostkurs südlich des Frankfurter Luftraums über das Rheintal bis an den Rand des Odenwaldes. Ganze 6 Bärte und 1:20 Std. haben wir für die 160km bis dahin gebraucht und nun mussten wir nur noch 120km zurück nach Marpingen. Es war ja gerade erst 17:00 Uhr, das sollte eigentlich kein Problem darstellen. Doch erstens kommt es anders und vor allem, wenn man denkt. Beim Anflug auf den Pfälzer Wald aus Richtung Osten lösten sich die schönen Cumuli in Minutenschnelle auf und auf einmal war alles blau. Der Westwind hatte auch deutlich zugenommen und um es kurz zu machen: Die Reise endete so schnell wie sie begonnen hatte östlich der Kontrollzone Ramstein in Enkenbach Alsenborn auf einem frisch gemähten Getreideacker anstatt auf dem Flugplatz Marpingen. Wir wurden dort sehr freundlich begrüßt von Karin auf ihrem Traktor: „Na, seid ihr abgsoffe?“. Die Verwendung von Fachvokabular anstelle der obligatorischen Frage, ob denn kein Wind mehr sei, ließ schon erkennen, dass wir es mit einer Expertin zu tun hatten. So ließ sie denn auch liebe Grüße an ihren ehemaligen Fluglehrer Manni aus Marpingen ausrichten. Conni war inzwischen nach 7 ½ Stunden Fahrt mit dem Wohnwagen in Marpingen angekommen und man kann es ihr wirklich nicht übelnehmen, dass sie über meinen Anruf nicht besonders erfreut war, gleich noch eine Rückholtour fahren zu dürfen. Vorher war noch das Auto so weit auszuladen, dass wir auch zu dritt hinein passten. Der Duo wurde dann am Abend zum zweiten Mal an diesem Tag auf den Flugplatz Marpingen gefahren, aber wenigstens war die traditionelle Außenlandung am Trainingstag damit abgehakt und das hügelige Gelände hatte etwas von seinem Schrecken verloren. 

tr1.jpg

  Himmel blau, LD auf dem Acker. Eine Stunde vorher stand hier noch eine Wolkenstraße, ehrlich!

Am Sonntag hatte sich Conni dafür den vorderen Sitzplatz des Duos verdient. 6 Bärte reichten diesmal für den Weg ins Rheintal und auch wieder zurück bis an die Saar. In Braunschweig ging an dem Wochenende wenig und Martin kam leider erst am Montag von der Junioren-WM aus Leszno an, so dass es in Marpingen bei den beiden Bundesligaflügen mit dem Duo blieb. Den befliegbaren Teil des Saarlandes hatten wir bis dahin nun mehrfach erkundet und uns auch zweimal ins Rheintal vorgewagt. Die Begegnung mit einer Boeing C-17 aus Ramstein, die keine 2km von uns entfernt an uns vorbei stieg, machte deutlich, dass man es mit der Luftraumbeobachtung in dieser Gegend wirklich ernst nehmen sollte.

Beim offiziellen Training am Montag wurde eine 1,5 Std. AAT-Aufgabe ausgeschrieben, die ich mit Copilot Lutz mit einem Schnitt von 101 km/h eine Minute vor der Zeit beendete. Den restlichen Tag nutzten wir, um uns in Ruhe einzurichten und dem Duo noch ein paar Streicheleinheiten mit Polierwatte zukommen zu lassen. Das gesamte Saarland kannten wir nun bereits wie unsere Westentasche und zwei von drei Flügen endeten auch wieder in Marpingen, es konnte also losgehen.

burg_ld.jpg

Homebase Team LD, nun auch mit Vorzimmer

Das Wetter wurde von Tag zu Tag besser und so starteten wir guter Dinge in den ersten Wertungstag. In der Doppelsitzerklasse war eine 3-Stunden AAT-Aufgabe mit Wendepunktsektoren im Pfälzer Wald, im Westen an der Saar und nach Norden in der Eifel zu fliegen. Die erste Hälfte des Fluges lief wie ein Länderspiel: Eine Wolkenstraße führte von der Abfluglinie in den ersten Sektor und von dort auch wieder zurück in den zweiten Sektor. 10 Minuten vor der geplanten Zeit hatten wir bereits das Ende des zweiten Sektors erreicht und bogen nach Norden ab in Richtung Eifel. Dort ging es bei Bitburg über die Kontrollzone von Spangdahlem nach Nordwesten, wo das Ende des dritten Sektors rasend schnell auf uns zukam. Um nicht deutlich vor der Mindestzeit wieder in Marpingen anzukommen, entschlossen wir uns für einen Spurwechsel auf der Wolkenautobahn und änderten unseren Kurs nach Nordosten. Die Optik versprach aber mehr als wir dort antrafen und so wich die Euphorie ganz schnell der Ernüchterung. Im Zickzackkurs ging es zwischen den Kontrollzonen von Büchel und Spangdahlem, am Luftraum D von Hahn vorbei zurück Richtung Marpingen. Die Mindestzeit von 3 Stunden hatten wir zwar am Ende um 19 Minuten überschritten, dafür aber auch eine der weitesten Strecken zurückgelegt (Platz 1 Tageswertung OLC im Saarland). Unsere Begleiter, die sich den Knick nach Nordosten gespart hatten, waren indes 10 Minuten vor Ablauf der Zeit gelandet. In der Wertung machte das letztlich keinen Unterschied und wir landeten am ersten Wertungstag auf Platz 9 und konnten dabei gleich 6 Arcen hinter uns lassen. Auch für Martin lief es in der 15m-Klasse sehr gut: Ohne einen vorherigen Trainingstag startete er in den Wettbewerb mit Tagesplatz 6 und satten 160 Punkten Vorsprung auf Platz 7.

Am Mittwoch sollte das Wetter noch einmal besser werden. Für die Doppelsitzer war eine Racing-Aufgabe von 410km über den Odenwald geplant, die östliche Wende lag kurz vor Würzburg. Die Strecke bis zum Odenwald hatten wir bereits an den Trainingstagen ausgiebig erkundet, aber bei diesem Flug wurden wir am Rand des Rheintals von einem Hammerbart nach oben gespült, der in Spitzen bis 5,6 m/s auf dem Integrator zeigte. Vielleicht bin ich danach etwas übermütig geworden und habe deswegen gute Bärte stehen lassen, aber auf dem weiteren Weg zur Wende mussten wir uns mit Bärten von „nur“ 2 ½ m/s begnügen, bevor wir auf dem Rückweg wieder den einen oder anderen 4er finden konnten. Ein phantastischer Flug, aber ein Schnitt von 115km/h reichte an diesem Tag gerade mal für Tagesplatz 16. Hier zeigte sich auch zum ersten Mal deutlich die Trennung in eine Arcus-Klasse und den Rest (9 Duo-Discen und eine DG-1000): Bei mittlerem Steigen von 3 m/s und Vorfluggeschwindigkeiten jenseits von 180 km/h war gegen den Arcus kein Kraut gewachsen. Die Burgdorfer landeten als bester Duo mit 121km/h auf Platz 11. Dennoch waren wir guter Dinge und hatten immerhin einen Punkt im Fang-den-Arcus-Contest gesammelt. Martin hat es an diesem Tag schlimmer getroffen: Nachdem er bereits beim Abflug von seinem Teampartner getrennt war, landete er mit 114,8 km/h auf Platz 21, während Flügelmann Schmirgel den Tag als Dritter beendete.

An den folgenden 2 Wertungstagen wurde es dann blau und in der DoSi-Klasse stand Pulkfliegen auf dem Programm. Hierbei zeigte sich, dass ein Pulk aus anfänglich 23 Doppelsitzern etwa nach der Hälfte der Strecke in einen vorderen Arcus-Pulk und in einen in gebührlichem Abstand folgenden Duo-Discus-Pulk zerfällt. Mit Tagesplatz 15 am dritten Tag und Platz 16 am vierten Tag waren wir aber immer noch im Rennen und fanden uns sogar nach dem 4. Tag als bester Duo-Discus auf Gesamtplatz 13 wieder. Ehrlicherweise muss man dabei aber auf die DG-1000 auf Platz 11 hinweisen und auf die Tatsache, dass das Ergebnis nicht nur dem eigenen Können, sondern auch dem Pech der Burgdorfer zuzuschreiben war, die an diesem Tag nach 215km den Motor zu Hilfe nehmen mussten. Für ein Aha-Erlebnis sorgte am 3. Tag auch eine Boeing 737, die im Anflug auf Zweibrücken die versammelte Doppelsitzerklasse 300m tiefer unterflog. Kritisch war diese Situation zu keiner Zeit, aber von oben sieht man solche Flugzeuge im Flug doch eher selten.

Am Samstag und damit dem 5. Wertungstag gab es wieder Wolken und erneut eine AAT-Aufgabe über 3 Stunden zu fliegen. Mit Conni auf dem hinteren Sitz und Rückenwind erreichten wir das Ende des ersten Sektors nördlich von Montabaur schon 5 Minuten vor der geplanten Zeit zum Wenden. Die bisherige Schnittgeschwindigkeit von über 120 km/h gab uns zunächst Anlass zu Überlegungen, dass wir die folgenden Sektoren möglichst weit ausfliegen sollten, um nicht vor der Mindestzeit wieder in Marpingen zu sein. Doch Übermut tut selten gut (sagte schon meine Oma) und der Verlauf des Rückflugs gegen den Wind machte diesbezügliche Überlegungen hinfällig. Nach touristischen Gesichtspunkten mag zwar die Querung des Welterbes Mittelrheintal mit der Loreley und den vielen Burgen und Schlössern durchaus eine reizvolle Alternative sein, aber für zügiges Vorankommen war es an diesem Tag sinnvoller, oben zu bleiben, wo die Bärte runder und vor allem viel stärker waren als aus der unteren Etage heraus. Ausgraben vor dem Rheingraben war also wieder angesagt und als ob es nicht reichen würde, einen Fehler einmal zu machen, haben wir ihn im zweiten Sektor gleich noch einmal wiederholt. Es reichte dann auch aus, den letzten Sektor nur kurz anzukratzen, aber wenigstens waren wir wieder zuhause und konnten immerhin wieder einen Arcus-Punkt im Contest verbuchen. Martin konnte sich mit Tagesplatz 3 auch in der Gesamtwertung der 15m-Klasse auf den dritten Platz vorschieben, während sein Teampartner Schmirgel mittlerweile die Gesamtwertung anführte.

wt5.jpg

Quizfrage: Warum ist es am Rhein so schön?

Nach 8 Flugtagen am Stück war wohl kaum jemand traurig, als der Sonntag neutralisiert wurde. Wir nutzten die Zeit, um den Gummibalg am Hecktank des Duos zu tauschen, nachdem die Inkontinenz unseres LD von Tag zu Tag schlimmer wurde. Nach dem Mittag fuhren wir in die Flugausstellung nach Hermeskeil, einer Mischung aus Museum und Flugzeugfriedhof: Etwas unsortiert steht dort eine Reihe historischer Flugzeuge auf der Wiese, darunter echte Schätzchen wie eine Super-Constellation, eine Caravelle und –das freut unsere V-Leitwerksfraktion- eine Fouga Magister. Daneben nagt der Zahn der Zeit an diversen Mig-21 und Starfightern. Auch in den Hallen ist uns kein Konzept erkennbar gewesen, nach dem ein Grunau-Baby zwingend über einer F-5 aufgehängt werden sollte: Irgendwie schade aber dennoch sehenswert.

superconnie.jpg
 
Lutz und Yeti begutachten das Fahrgestell von Super-Connie

Den folgenden Montag hatten eigentlich schon alle abgeschrieben, denn nach den ursprünglichen Prognosen sah es nach einem weiteren Ruhetag aus, aber dann kam alles anders als gedacht. Zwar wurde erst nach einem zweiten Briefing spät gestartet, aber die Wetteroptik sah dann wider Erwarten gar nicht übel aus. Der kräftige Wind sorgte zwar für anfängliche Skepsis, aber nachdem die 15m-Klasse geschlossen oben blieb, sprach auch nichts gegen den Start der Doppelsitzerklasse. Ob man um 14:45 Uhr noch eine 3-Stunden AAT starten muss, sei dahingestellt, aber die frische, kühle Luft sollte noch deutlich bis nach 18:00 Uhr thermisch aktiv bleiben, also warum auch nicht? Wir wurden als letztes Flugzeug des gesamten Teilnehmerfeldes um kurz vor halb drei in die Luft befördert und weit südlich des Flugplatzes zu einem noch aktiven Wolkenfetzen geschleppt, davon musste man wegen der beiden dort  über uns kreisenden Flugzeuge ausgehen. Leider verließen beide mit unserer Ankunft die Wolke und auch wir konnten dort keinen brauchbaren Aufwind mehr finden. Stückweise haben wir uns dann nach Norden vorgearbeitet, jeder gewonnene Meter war genauso schnell wieder verloren. Die Öffnung der Startlinie rückte indes näher, während wir immer noch auf Ausklinkniveau herum maserierten und versuchten, eine sinnvolle Abflughöhe zu erreichen. In Richtung der ersten Wende konnten wir dabei in aller Ruhe die Entstehung des ersten Regenschauers beobachten. Nach dem Motto „Hopp oder Topp“ flogen wir dann eine dicke Wolkenwurst im Norden an, die uns 15 Minuten nach Öffnung der Linie endlich auf Abflughöhe brachte. Ich war mir sicher, dass alle schon los waren und so warteten wir nicht länger, sondern nutzten den Augenblick für einen sofortigen Abflug. Den Schauer streiften wir leicht und dabei ging es im Geradeausflug bei über 200km/h im Regen noch nach oben. In diesem Moment ruhte die Aufmerksamkeit vor allem darauf, nicht in die Wolke zu steigen aber wenig später schon war absolute Ruhe. Hinter dem Schauer war die Luft auf den nächsten 25km ruhig wie in der Kirche. Ein Wolkenfetzen schien sich vor uns zu bilden, den wir vorsichtig anflogen. In etwa 300m über Grund erreichten wir die kleine Wolke und über uns kreisten noch 2 DoSis. Allerdings bekamen wir den Bart von unten nicht mehr zu greifen und nach 20-minütigem Kampf war die Reise nach 41km zu Ende. Eigentlich hatten wir ja beschlossen, dass wir das Außenlandepensum bereits am Trainingstag erfüllt haben, aber nun stand ich mit Lutz schon wieder auf einem frisch gemähten Getreidefeld. Über uns sahen wir einen Arcus und einen Duo und hörten das Geräusch von 2-Takt Motoren. Wir waren also nicht die einzigen, die es an dieser Stelle gerissen hatte, aber das war nur ein schwacher Trost: Der Traum, die DM als bester Duo zu beenden war an dieser Stelle ausgeträumt. 14 DoSis konnten an diesem Tag die Aufgabe beenden und in der 15m-Klasse ebenfalls 14 Renner. Schmirgel und Martin hat es auch erwischt und damit war Martin auf Gesamtplatz 11 zurückgefallen und der Traum von der Nationalmannschaft war wieder in weite Ferne gerückt. In beiden Klassen hat es die Wertung an diesem Tag kräftig durchgemischt. Was sonst falsch ist, konnte an diesem Tag zum Erfolg führen: Parken, riesige Umwege fliegen, vor der Mindestzeit landen. Ständiges Umschalten war gefragt zwischen starken Bärten und Wolkenstraßen auf der einen Seite und dem Kampf ums Obenbleiben auf der anderen Seite. Respekt an alle, die diesen Tag gemeistert haben

wt6.jpg

Somewhere behind 2 rainbows…

Neben der eigenen Enttäuschung mussten wir an diesem Tag noch ein weiteres Negativ-Highlight (ein Downlight, sozusagen) miterleben. Die „Bayern-Connection“ der DoSi-Klasse gehörte an diesem Tag auch nicht zu denen, die sich einen Glückwunsch verdient haben. Man konnte bereits an den Vortagen eine zunehmende Aggressivität spüren, die sich vor allem gegen Bundestrainer Ulli Gmelin richtete. Nach einem verpatzten 6. WT entlud sich dann die Spannung in lautstark über den Flugplatz gebrüllten Beschimpfungen, es war beschämend. In einem solchen Moment kann man froh sein, dass Segelfliegen nicht so sehr im Rampenlicht der Medien steht. Was hätte das wohl für ein Licht auf unseren schönen Sport geworfen?

Bis zum nächsten Tag musste die Enttäuschung verarbeitet sein, denn es stand in beiden Klassen die längste Aufgabe des gesamten Wettbewerbs auf dem Programm: 416km waren in der Doppelsitzerklasse zu fliegen, 456km standen bei den Rennern auf dem Zettel. Bei anfänglich bester Wetteroptik erwischten Conni und ich einen perfekten Abflug unter einer Aufreihung in Richtung der ersten Wende im Westen. Bis zur Mosel sah auch der weitere Weg zur zweiten Wende gut aus und wir konnten gutes Steigen vorfinden. Nördlich der Mosel sahen wir dann aber nur noch graue Suppe, konnte man da überhaupt durchkommen? Die TMZ von Luxembourg war zum Glück freigegeben und so versuchten wir es ganz am Rand des Wettbewerbsgebietes entlang der Grenze zu unserem kleinen Nachbarland (das etwa so groß ist wie das Saarland) und trafen dort zwei weitere Leidensgenossen der DoSi-Klasse. Nachdem wir dort eine Tüte kleiner Brötchen gebacken haben, konnten wir uns langsam weiter in Richtung Norden vortasten. Die Optik wurde nach wie vor von der Farbe grau dominiert, aber es waren zumindest wieder Strukturen in den Wolken erkennbar. Die Luftmasse war offensichtlich labil genug, dass wir bald darauf auch ohne Sonneneinstrahlung wieder in einem 2m-Bart kreisen konnten. An der nächsten Wende in der Schneeeifel trafen wir dann den Rest der Doppelsitzerklasse. Anfangs noch im Arcus-Abteil des Pulks mussten wir schon bald wieder das Gas rausnehmen, um nicht unter den Arcen mit dem Relief zu kollidieren. Ein guter Bart in Wershofen und einer am Rande des Rheintales, sowie eine Aufreihung entlang des Luftraums von Köln-Bonn hielten uns aber trotzdem im Rennen. Erst nach der Wende in Rennerod im Westerwaldkreis verbesserte sich auch die Wetteroptik spürbar. Den Rückweg über das Mittelrheintal, zwischen den Lufträumen von Frankfurt und Hahn hindurch meisterten wir diesmal problemlos ohne Tiefflugeinlage und landeten 4:29 Std. nach dem Abflug wieder in Marpingen. Mit Tagesplatz 15 ließen wir 2 Arcen hinter uns und 10 vor uns. Martin konnte an diesem Tag in der 15m-Klasse richtig auftrumpfen und erflog sich den Tagessieg, durch den er in der Gesamtwertung wieder auf den 7. Platz vorrücken konnte.

wt7.jpg

Hier geht’s runter, da vorne wieder rauf, so ist das Leben!

Am folgenden Mittwoch waren unsere 10 gekauften Schleppmarken bereits aufgebraucht und wir mussten erst einmal neue „Fahrkarten“ lösen. Wettermann Alfred Ultsch brachte seine Vorhersage auf den einfachen Nenner: „Das Wetter von heute = das Wetter von gestern“. Also ging es erneut rund um Hahn, aber diesmal im Gegenuhrzeigersinn erst nach Nordosten, dann nach Westen und durch das Nadelöhr zwischen der Grenze des Wettbewerbsraumes und der Kontrollzone Spangdahlem zurück ins Saarland. Die Wettervorhersage traf insofern zu, als dass der Streifen auf dem Hunsrück und über dem Mittelrheintal erneut mit prächtigen Bedingungen aufwartete. Schwieriger wurde es wieder in der Eifel, aber diesmal in Blautönen statt in grau. Der Arcus-Pulk, dem wir bis zur ersten Wende Singhofen gut folgen konnten, streifte uns erst bei Koblenz ab, wo wir 200m tiefer nicht mehr den Anschluss an einen guten Bart finden konnten. Die anschließende Fahrt ins Blaue mussten wir somit in Eigenregie planen, was uns offensichtlich ganz gut gelungen ist, denn bei Trier trafen wir den Burgdorfer Duo mit Steven und Christian wieder, den wir 150km vorher bei Koblenz ziehen lassen mussten. Zu diesem Zeitpunkt war uns noch nicht klar, dass wir einige Arcen aus unserem ersten Pulk an dieser Stelle bereits hinter uns gelassen hatten. Auf dem Weg über die letzten beiden Wenden im Saarland sammelten wir noch einige Mitstreiter ein (oder sie uns?) und ein 1,8m-Bart kurz vor der letzten Wende brachte uns auf komfortable Endanflughöhe. Etwas zu knapp haben den Endanflug zwei Arcus-Piloten geplant, was uns die Möglichkeit bot, unsere Höhenreserve für ein Überholmanöver auf der Zielgeraden einzusetzen. Dass einer der beiden 20 Minuten nach uns abgeflogen war, konnte das erhebende Gefühl in diesem Moment nicht trüben. Die erstaunten Gesichter der Arcus-Besatzung, als wir rechts an ihnen vorbei zischten, werde ich wohl erst einmal nicht vergessen. In der Gesamtwertung hatten wir uns nach dem verkorksten Montag um einen Platz auf den 17. Gesamtplatz verbessern können. Martin stand in der 15m-Klasse auf Rang 7 und damit gerade einmal 3 Plätze hinter einem Platz in der Nationalmannschaft.

Die Vorhersage für die verbleibenden 2 Tage war nicht gerade rosig: Blauthermik unter einem dichten Cirrenschirm mit geringen bis allenfalls mäßigen Steigwerten war angekündigt. Bei der Optik würde man an vielen Flugplätzen vermutlich nicht einmal die Hallentore aufschieben, aber gerade zum Ende des Wettbewerbs kann man auf einer DM natürlich keine Chance ungenutzt lassen. AAT-Aufgaben für beide Klassen wurden gestellt und wegen des immer wieder verzögerten Startbeginns zur B-Aufgabe verkürzt. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten konnte sich die 15m-Klasse oben halten und so wurden nach kurzer Unterbrechung auch die DoSis auf eine 1 ½ Stunden AAT um zwei Wendepunkte geschickt. Nach anfänglichem Pfahlsitzen an der Abfluglinie flogen die ersten DoSis ab und auch wir wollten nicht warten, bis die Thermik wieder vorbei ist. Mit einem kleineren Pulk kamen wir trotz der miesen Optik gut voran und kratzten den ersten Sektor etwas weiter im Norden als der Rest. Auf dem Rückweg kam uns der Hauptpulk entgegen und markierte die Bärte. 23km östlich von Marpingen hatten wir bereits sichere Endanflughöhe auf den Flugplatz, mussten allerdings noch den westlichen Wendepunktsektor berühren. Zwischen dem Rand des letzten Sektors und dem Zielkreis lag eine Strecke von 7km. Die Hoffnung, auf dem Weg dorthin noch einmal einen Bart zu finden, bestätigte sich leider nicht. In 550m über Flugplatzhöhe flogen wir also am Flugplatz vorbei nach Westen und beobachteten, wie die Reserve auf dem LX4000 wie ein Countdown rückwärts zählte. Beim Einflug in den letzten Sektor war die Reserve komplett aufgebraucht und wir waren direkt auf dem Gleitpfad zum Zielkreis, der in 200m über dem Flugplatz erreicht werden musste. Zum Glück blieb uns stärkeres Sinken erspart und durch leicht tragende Linien erreichten wir den Zielkreis mit 120 km/h in 210m über Flugplatzhöhe, das war knapp! Den Wertungstag beendeten wir mit einem Schnitt von 87,7 km/h auf Tagesrang 15. Wir konnten damit bis auf 16 Punkte in der Gesamtwertung auf den direkt vor uns liegenden Arcus aufschließen, der an diesem Tag den letzten Sektor nicht mehr erreichte, aber zum Überholen hat es dann doch nicht mehr gereicht. Der schnellste Doppelsitzer erreichte an diesem Tag einen Schnitt von 104 km/h, wer hätte das bei dieser Optik für möglich gehalten? Martin konnte sich durch einen 5. Tagesplatz in der Gesamtwertung nochmals um einen Platz auf Rang 6 nach vorne schieben, sein Teampartner Schmirgel schaffte an diesem Tag den Sprung auf Platz 4 und damit in die Nationalmannschaft.

Am letzten möglichen Wertungstag blieb es in beiden Klassen bei einer Aufrüstübung. Marpingen lag direkt an der Wettergrenze zwischen dichten Wolken mit Schauern im Norden und blauem Himmel im Süden, der jedoch wegen der Luftraumsituation nicht nutzbar war. Gegen halb drei wurden dann beide Klassen neutralisiert und es blieb letztendlich beim Ergebnis des Vortages.

wt10.jpg

dunkle Wolken über dem Schaumberg (höchster Punkt des Saarlandes, wie niedlich!)

Was wird von dieser Meisterschaft in Erinnerung bleiben? Zunächst einmal die vielen Flüge: 9 Wertungstage und vorher noch 3 Trainingstage. Das Fliegen auf einer DM bedeutet Fliegen mit den Besten und ständig auf hohem Niveau. Davon kann man nicht genug bekommen und ich wäre gerne noch eine Woche länger geflogen, denn fliegerisch hat mich dieser Wettbewerb ein großes Stück voran gebracht. Das Fliegen im Doppelsitzer gefällt mir sehr, denn es gibt nicht nur den Piloten und die Helfer, sondern alle sind als Team hautnah dabei. Ich hoffe, dass auch Conni und Lutz viel mitnehmen konnten. Die Stimmung unter den Teilnehmern (abgesehen von dem bayerischen Ausnahmesportler) und auch in unserem Aeroclub-Team war immer freundlich und angenehm.

blogmarie.jpg

Immer fröhlich und heiß umschwärmt: die Blog-Marie

Das Saarland war bislang ein weißer Fleck auf meiner fliegerischen Landkarte, das kenne ich nun auch. Die Luftraumsituation ist dort schwierig und schränkt die mögliche Streckenwahl stark ein: Die Kontrollzonen von Saarbrücken und Zweibrücken mit der TMZ im Süden, die Kontrollzone Ramstein im Osten, das ED-R Baumholder im Nordosten (war während der gesamten DM frei), die Lufträume von Hahn und Frankfurt im Norden und Osten, die TMZ Luxembourg im Westen, sowie die Kontrollzonen Spangdahlem und Büchel im Norden. Die Außenlandemöglichkeiten sind in der hügeligen Landschaft auch eingeschränkt, aber wegen der laufenden Getreideernte verbesserte sich das Angebot von Tag zu Tag. Mit der Zeit bekam man auch einen besseren Blick und konnte die Landschaft gezielter nach landbaren Feldern absuchen. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Flugplätzen, die eine sichere Landemöglichkeit bieten.

Die Doppelsitzerklasse ist gerade im Umbruch. Über 15 Jahre lang war die Klasse vom Duo-Discus dominiert, aber nun ist der Arcus das Maß der Dinge. Ich bin gespannt, ob im kommenden Jahr nochmal eine Qualifikation für die DM mit dem Duo klappen kann. Aber sicher ist, dass auf der DM in zwei Jahren noch mehr Arcen und noch weniger Duos fliegen werden. Die Diskussion um eine Indexwertung ist müßig, denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis die DoSi-Klasse eine komplette Arcus-Klasse ist, so wie sie lange Zeit quasi eine reine Duo-Discus Klasse war. Und es kommt Bewegung in die Klasse: Schleicher hat einen 20m DoSi angekündigt und auch aus dem Hause HPH ist mit dem Twin-Shark vielleicht etwas Neues zu erwarten. Der Leistungssprung in der Doppelsitzerklasse hat also längst stattgefunden und lässt sich auch durch einen Index nicht vollständig kompensieren oder gar aufhalten.

Zum Schluss zur Frage, ob ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Als 17. von 23 fällt es natürlich schwer, diese Frage mit „ja“ zu beantworten und auch das zur Motivation selbstgesteckte Ziel, als bester Duo-Discus abzuschneiden, wurde nicht erreicht. Die erreichte Platzierung alleine dem Leistungsunterschied zwischen Duo und Arcus zuzuschieben, wäre nicht angemessen. Es gab an allen Tagen Teams, die es besser gemacht haben als wir. Wir haben uns trotzdem gut verkauft, sieht man von dem einen verkorksten Tag einmal ab.

Für Martin tut es mir leid, dass er trotz seines guten Abschneidens auf dem 6. Platz wieder knapp einen Nationalmannschaftsplatz verfehlt hat. Von solchen Zielen bin ich noch ein ganzes Stück entfernt und wäre das sicherlich auch mit einem Arcus. Trotz allem habe ich große Lust, es auch im kommenden Jahr mit dem Duo noch einmal bei der nächsten Quali zu probieren.

Yeti

Kategorien: 2013