Der folgende Beitrag wurde in „Segelfliegen – Das Magazin für Segelflieger“ Ausgabe 6/2008 veröffentlicht:
Maulwürfe behindern Flugbetrieb
Eine nicht ganz ernstzunehmende Glosse aus der Löwenstadt Braunschweig. Oder womöglich doch?
Der Wetterbericht für uns Segelflieger war für Montag, den 28.7.2008, äußerst vielversprechend. Deshalb hatten sich an diesem Tag fünf Piloten Urlaub genommen, um diesen Tag zum Segelfliegen zu nutzen. Für einen Segelflieger gibt es oft viele Gründe, weshalb er nicht zum Fliegen kommt (keinen Urlaub, kein Wetter, kein Flugzeug…).
Ein Segelflugzeug bewegt sich zwischen Start und Landung normalerweise in größeren Höhen (z.B. gemessen in Metern über MSL oder über Grund) in dem Medium Luft.
Maulwürfe bewegen sich normalerweise im Medium Erde in Bereichen zwischen -0.5 m bis etwa -0.05 m unter Grund.
Die fünf Segelflieger, die sich um 9.00 Uhr am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg trafen, hatten in den vergangenen Jahren gelernt, dass Maulwürfe wegen ihres Betriebsbereiches und des Mediums, in dem sie sich bewegen, eigentlich gar nichts mit dem Segelflug zu tun haben und ihn auch daher nicht behindern können. An diesem denkwürdigen Tag wurden sie aber wie so häufig im Leben eines besseren belehrt:
Es gibt am Verkehrsflughafen Braunschweig drei Flugbetriebsflächen:
Die Grasbahn im Süden, die Asphaltbahn in der Mitte und eine Betriebsfläche von 900 x 140 Metern im Norden, die meistens zum Start und zur Landung von Segelflugzeugen genutzt wird.
Um die nördliche Betriebsfläche betreten und befahren zu können, muss man sich über ein Betriebsfunkgerät eine Freigabe bei „Braunschweig Turm“ einholen, wenn werktags die Kontrollzone aktiv ist. Da die Maulwürfe und Kaninchen keine Funkgeräte bedienen können, befinden sich diese Lebewesen leider auch ohne Freigabe auf oder unter dieser Betriebsfläche!
An diesem Tag wurde uns Segelfliegern die Freigabe nicht gegeben, weil die Betriebsfläche Nord „aus technischen Gründen gesperrt“ sei. Gründe für die Sperrung könnte man sich telefonisch beim GAT holen.
Ein freundlicher Herr am GAT gab dann an, dass er am Morgen die Betriebsfläche Nord nach den Richtlinien für internationale Flughäfen geprüft hätte. Gemäß dieser Richtlinien seien Maulwurfshügel nicht zulässig und er hätte wegen Urlaubs eines Kollegen keine Zeit, die Hügel zu beseitigen. Deshalb sei die Fläche nun gesperrt.
Für uns fünf Segelflieger war diese Aussage schockierend: Alle hatten Urlaub bekommen, es war gutes Streckenflugwetter vorhergesagt, jeder hatte ein Flugzeug und jetzt sollten Maulwürfe den Flugbetrieb unmöglich machen! Es war eine beklemmende Situation und der eine oder andere hat sich auch vorsichtig auf der Suche nach einer versteckten Kamera umgedreht.
Da es gerade überlandfliegende Segelflieger gewohnt sind, immer schnell über Alternativen nachzudenken, kam die Idee, dem Flughafenbetreiber schriftlich zu bescheinigen, dass Maulwurfshügel keine Gefahr für den Segelflug darstellen. Der freundliche Herr vom GAT wollte das aber nicht „auf seine Kappe nehmen“.
Dann kam uns die Idee, sich selbst mit Schaufeln und Spaten zu bewaffnen, um die Hügel zu beseitigen. Und dann wurde der andere freundliche Herr auf dem Turm gefragt, ob wir eigenverantwortlich dazu die Betriebsfläche betreten und vor allem selbige auch bearbeiten dürfen. Die Genehmigung zum Betreten und Bearbeiten wurde sofort erteilt.
Problematisch war jetzt, die etwa 15 Hügel auf der großen Wiese (900 x 140m) zu finden. Sie waren ganz im Südwesten in der äußersten Ecke, weit weg von der Startstelle. Beim Schaufeln suchte jeder wieder vorsichtig nach einer versteckten Kamera. Wir waren uns nicht sicher, ob wir für die Sendung „Verstehen Sie Spaß“ als Opfer ausersehen worden waren.
Nach etwa 5 Minuten „harter Arbeit“ waren keine Hügel mehr zu finden. Jetzt galt es den Status der Betriebsfläche Nord von „aus technischen Gründen gesperrt“ in „geeignet“ und danach „frei“ umzuwandeln.
Dazu baten wir um die Freigabe der Segelflugbetriebsfläche für den geplanten Aufbaubetrieb.
Über das Betriebsfunkgerät wurde uns jetzt vom„Turm“mitgeteilt, dass der Sachbearbeiter für die Prüfung von eingeebneten Maulwurfshügeln gemäß der Richtlinien für internationale Flughäfen die Betriebsfläche Nord erst in Augenschein nehmen müsse. Diese Aktion wurde schnell und unbürokratisch erledigt, der Sachverständige kam etwa 15 Minuten später mit dem Follow-me vorbei und war zufrieden mit unserer Arbeit.
Danach erhielt die Betriebsfläche Nord sofort den Status „frei“ und es konnten Winde und Flugzeuge aufgebaut werden.